ROTATION
Di, 19.11., 19:00
Regie: Wolfgang Staudte, D (Sowjetische Zone) 1949, 87 Min., ab 12. Mit Paul Esser, Karlheinz Deickert, Irene Korb, Brigitte Krause
Auszeichnung: Locarno Film Festival (1954): Goldener Leopard
Berlin von 1932 bis 1946. Der Maschinenmeister Hans Behnke (Paul Esser) ist tüchtig, und Politik interessiert ihn nicht. Bis er eines Tages von seinem Schwager gebeten wird, eine Druckmaschine zu reparieren, auf der antifaschistische Flugblätter hergestellt werden. Von seinem eigenen Sohn Helmuth (Karlheinz Deickert) verraten, kommt Behnke ins Zuchthaus. Nach Kriegsende stehen sich der befreite Vater und der aus der Gefangenschaft heimkehrende Sohn gegenüber.
„Staudtes Film ist eine realistisch-kritische Analyse des unpolitischen, kleinbürgerlichen Opportunisten und Mitläufers, ohne den der Nationalsozialismus in Deutschland keine Chance gehabt hätte. Ein eindrucksvolles, engagiertes Zeitbild.“ (filmdienst)
Wolfgang Staudte (1906-1984) begann seine Karriere 1935 als Regisseur von Werbefilmen. Daneben trat er als Schauspieler in Nebenrollen auf, unter anderem in Veit Harlans antisemitischem Propagandafilm „Jud Süß“ (1940). Im Sommer 1946 realisiert er bei der DEFA den ersten deutschen Nachkriegsfilm "Die Mörder sind unter uns". 1948 geht Staudte in "Rotation" den Quellen des deutschen Faschismus nach. 1951 entsteht mit der Heinrich-Mann-Adaption "Der Untertan" sein wichtigstes Werk, das die fatale Kontinuität des Spießbürgertums in der deutschen Geschichte sinnfällig macht.
1955 übersiedelt er in die Bundesrepublik. Mit "Rosen für den Staatsanwalt" (1959), der Nazi-Kontinuitäten in der westdeutschen Justiz zum Gegenstand hat, knüpft er thematisch an die frühen Arbeiten an. Für den Film wird Staudte, der einen Bundesfilmpreis ablehnt, als "Nestbeschmutzer" diffamiert. Auf fremden Stoffen basierend, erinnern Staudtes folgende Arbeiten nur gelegentlich noch an sein früheres gesellschaftliches Engagement.
„<Ich> beobachtete im Westen, wo ich ja lebte, eine beginnende Restauration, mit der alles überwunden oder verdrängt wurde. So war es naheliegend, einen Film wie Rotation zu machen. Ich fand die Warnung wichtig, diesen Ungeist nicht wieder von vorne beginnen zu lassen.“ (Wolfgang Staudte)
DAS BEIL VON WANDSBEK
So, 1.12., 11:00
Regie: Falk Harnack, DDR 1951, 110 Min., ab 12. Mit Erwin Geschonnek, Käthe Braun, Gefion Helmke, Willy A. Kleinau
1934: Hamburg erwartet hohen Besuch: den Führer. Vorher gilt es noch einen Makel, der auf der Stadt liegt, zu beseitigen. Vier zum Tode verurteilte Kommunisten sind noch immer nicht hingerichtet. Es fehlt ein Henker. Durch Zufall stößt man auf den Schlächtermeister Teetjen (Erwin Geschonnek). Sein Laden geht schlecht. Für eine beträchtliche Summe lässt sich Teetjen überreden, die Scharfrichterrolle „für eine vaterländische Sache“ zu übernehmen. Er waltet seines Amtes, doch die Henkerarbeit spricht sich herum. Nach dem gleichnamigen Roman von Arnold Zweig.
Falk Harnack (1913-1991) wurde als Theaterregisseur 1941 zum Kriegsdienst eingezogen. Er desertierte 1944 in Griechenland, schloss sich den griechischen Partisanen an und gründete das 'Antifaschistische Komitee Freies Deutschland'. Sein älterer Bruder Arvid wurde wegen Mitgliedschaft in der „Roten Kapelle“ hingerichtet.
Von 1949 bis 1952 war Harnack künstlerischer Direktor bei der DEFA. Dort gab er 1950 mit "Das Beil von Wandsbek" sein Debüt als Filmregisseur. Mit dem Film wollte er jene „Innenansicht des Faschismus fortführen, mit der die DEFA ihre Arbeit begonnen hatte“ und eine Diskussion darüber anregen, ob die ehemaligen NSDAP-Mitglieder und Mitläufer wirklich für die Demokratie gewonnen werden konnten.
Das Politbüro der SED kritisierte als schweren Fehler des Films, daß er „nicht die Kämpfer der deutschen Arbeiterklasse zu den Haupthelden macht, sondern ihren Henker“. Nach den Auseinandersetzungen um den Film verließ Harnack 1952 die DDR und setzte seine Karriere als Filmregisseur in Westdeutschland fort. Für "Der 20. Juli" wurde er 1956 mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet.
LISSY
Di, 10.12., 19:00
Regie: Konrad Wolf, DDR 1957, 89 Min., Mit Sonja Sutter, Horst Drinda, Hans-Petter Minetti, Kurt Oligmüller
1932: Lissy (Sonja Sutter), in einem sozialdemokratischen Arbeiterhaushalt aufgewachsen, möchte raus aus dem Berliner Hinterhausmilieu und heiratet Alfred (Horst Drinda), der ihr ein bürgerliches Leben verspricht. Dieses Versprechen löst er ein, als er bei der SA aufsteigt.
Lissy ist hin- und hergerissen zwischen neuem Wohlstand und Verbundenheit mit den ehemaligen Freunden. Als ihr Bruder von der SA ermordet wird, muss sie sich entscheiden. Nach dem Roman von F. C. Weiskopf ist dieses frühe Meisterwerk von Konrad Wolf ein Lehrstück über Opportunismus und Verführbarkeit.
Konrad Wolf (1925-1982) wurde als Sohn des kommunistischen Arztes und Schriftstellers Friedrich Wolf geboren. Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten ging die Familie Wolf über Frankreich und die Schweiz ins Exil in die Sowjetunion. Nach dem Überfall der Wehrmacht auf die Sowjetunion meldete sich Wolf 1942 freiwillig zur Roten Armee. 1946 beteiligt er sich in Berlin an der Gründung der DEFA und beginnt ein Regiestudium in Moskau.
1954 fing Wolf als Regisseur bei der DEFA an und wurde mit seinen kritischen Gegenwartsfilmen zu einem der bedeutendsten Filmemacher der DDR. Von 1965 bis zu seinem Tod 1982 war er Präsident der Akademie der Künste der DDR. Zu seinen wichtigsten Filmen gehören „Der geteilte Himmel“, „Ich war neunzehn“ und Solo Sunny“.
KÖNIGSKINDER
Di, 17.12., 19:00
Regie: Frank Beyer, DDR 1962, 85 Min., Mit Annekathrin Bürger, Armin Mueller-Stahl, Ulrich Thein, Marga Legal
Magdalena (Annekathrin Bürger) und Michael (Armin Mueller-Stahl),, die "'Königskinder', die zusammen nicht kommen können", sind zwei Arbeiterkinder aus Berlin. Sie haben sich Treue geschworen. Mit der Machtübernahme der Nazis wird ihre Liebe auf eine harte Probe gestellt.
Michael, der junge Maurer und Kommunist, der sich den Faschisten nicht beugt, wird zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. Magdalena tritt nun an seine Stelle. Als auch sie in Gefahr gerät, rettet Jürgen (Ulrich Thein) sie, ein ehemaliger Freund, der sich auf die Seite der SA geschlagen, aber sein Gewissen nicht verloren hat. Als Michael aus dem Lager in ein Strafbataillon gesteckt wird, trifft er Jürgen an der Front wieder.
"Königskinder" thematisiert das Problem von Anpassung und Widerstand im Faschismus. Angelehnt an sowjetische Vorbilder der "Tauwetter"-Periode hebt sich der Film mit seiner verschachtelten Zeitstruktur, raffinierten Montagen und einer stilisierten Bildkomposition von anderen DEFA-Produktionen jener Jahre ab.
Frank Beyer (1932-2006) war einer der wichtigsten DEFA-Regisseure, in dessen Lebenslauf sich die kulturpolitischen Kämpfe der Zeit spiegeln. Anfang der 50er Jahre studierte er Regie an der Filmhochschule FAMU in Prag.
1962 drehte er das Meisterwerk „Nackt unter Wölfen“, aber sein Gegenwartsfilm „Spur der Steine“ (1966) mit Manfred Krug wurde nach dem 11. Plenum des Zentralkomitees der SED über 20 Jahre nicht in den Kinos gezeigt. Beyers Kinokarriere wurde dadurch unterbrochen.
Er musste das DEFA-Studio und Berlin verlassen und arbeitete von 1967 bis 1969 als Regisseur am Staatsschauspiel Dresden. Anfang der 70er Jahre kehrt er zum Filmgeschäft zurück. Mit „Jakob der Lügner“ (1974) feierte er seinen größten Erfolg: Es ist der einzige DDR-Film, der für einen Oscar nominiert wird.
1991 erhielt er den Deutschen Filmpreis, Filmband in Gold, für sein Gesamtwerk.